Väter arbeiten meist Teilzeit
Wir alle wissen, dass das natürlich nicht stimmt! Ersetzen wir „Väter“ mit „Mütter“ wird offensichtlich, was in der Schweiz meist als richtig oder normal empfunden wird: wenn ein Baby da ist, schaltet die Mutter beruflich ein paar Gänge zurück.
Kinder sind ein wichtiger Erklärungsfaktor für die Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen in Bezug auf die Beschäftigungsquote, die Arbeitszeiten und den Lohn. Daten zeigen, dass der Durchschnittsverdienst von Männern, die Väter werden, fast völlig unberührt bleibt. Gegenüber Männern gibt es auch keine unbewussten Erwartungen, dass sich mit der Vaterschaft das Interesse an beruflicher Weiterentwicklung verringert.
Kleinere Pensen führen zu weniger Beförderungen
Bei Frauen hingegen kommt es mit der Geburt des ersten Kindes zu einem plötzlichen Rückgang der Erwerbsbeteiligung und der Zahl der Arbeitsstunden. Dies führt zu einer langsamen, aber langanhaltenden Divergenz der Stundenlöhne zwischen den Geschlechtern, da Frauen entweder nicht befördert werden oder auf schlechter bezahlte Stellen abwandern.
Teilzeitarbeit führt zu niedrigeren Renten
Dies ist nicht nur das Ergebnis einer rationalen Entscheidung von Paaren, der Karriere des Besserverdienenden den Vorrang zu geben. Die gleichen Muster zeigen sich bei Paaren, bei denen die Frau vor der Geburt des Kindes mehr verdiente als der Mann. Verschiedene Studien in Dänemark und Österreich haben ergeben, dass mehr als 80 Prozent des geschlechtsspezifischen Unterschieds durch so genannte «Kinderstrafen» erklärt werden können. Und inzwischen ist auch das Bewusstsein gestiegen dafür, dass teilzeitarbeitende Frauen oftmals finanzielle Einbussen erfahren bei ihrer Rente.
Flexibles Arbeiten macht vieles leichter – und hat weniger Nachteile als Teilzeit
Mütter sollte es also leichter gemacht werden, Vollzeit zu arbeiten, wenn sie das wollen (und auch in der reichen Schweiz „müssen“ das einige), und sie sollten sich nicht dauernd dafür rechtfertigen müssen. Wie befreiend sich das anfühlt habe ich selbst erfahren, als ich 5 Jahre in Toronto lebte und als Head Communications in einer Biotech-Pharmafirma tätig war. Da hat wirklich niemand die Frage gestellt, wie ich „das“ denn machen würde mit zwei Kindern. Aber ich arbeitete in einem Unternehmen, das flexibles Arbeiten möglich machte – ein entscheidendes Kriterium!
Teilzeit ist ein Karrierekiller – das sollte sich ändern!
Teilzeitarbeit ist an sich ja kein Problem. Organisationen müssten „nur“ dafür sorgen, dass die Menschen dadurch nicht automatisch auf der Kriechspur der Karriere landen. Natürlich wirkt sich ein jahrelanger Ausstieg aus dem Arbeitsmarkt auf die Beschäftigungsfähigkeit aus, und nicht jede Arbeit kann in Teilzeit erledigt werden. Aber in der Vergangenheit hat es den Arbeitgebern auch an Vorstellungskraft gefehlt, um darüber nachzudenken, wie Arbeitsplätze flexibler gestaltet werden können, damit sie weibliche Talente anziehen, und vor allem halten können! Hier bei vielen Organisationen ein Umdenken im Gang, denn sie haben verstanden, dass sie attraktiver werden müssen – und dies nicht nur für Frauen.
Teilzeit bzw. Flexibles Arbeiten ist nicht nur ein Frauenthema
Teilzeit ist nicht länger nur ein Frauenthema. Viele, die heute Vollzeit arbeiten, würden gerne mehr Flexibilität haben, und/oder ihr Pensum reduzieren. Die Pandemie hat da mit der Erfahrung des hybriden Arbeitsmodells eine grosse Veränderung eingeläutet. Gerade für junge Generationen ist Flexibilität eine wichtige Voraussetzung, um sich in einem Unternehmen zu engagieren. Und junge Väter möchten sich vermehrt an der Familienarbeit beteiligen und die Hauptverantwortung dafür nicht einfach ihren Partnerinnen überlassen.
Es gibt jedoch noch andere Gründe, aus welchen die Menschen flexibel arbeiten wollen, wie z.B. Prioritäten wie Bildung und die Pflege älterer Angehöriger. Letzteres ist eine Aufgabe für die gesamte Gesellschaft, die mit der Alterung der Bevölkerung nur noch zunehmen wird.
Berufstätige Mütter sind schon seit Jahrzehnten darin gefordert, Berufs- und Familienarbeit unter einen Hut zu bringen. Diesen Kampf sollten sie jedoch nicht mehr länger alleine austragen müssen. Alle sollten ihren Teil dazu beitragen: die Gesellschaft (Stichwort Kita-Plätze und Tagesschulen, Individualbesteuerung), Arbeitgebende (flexible Arbeitsmodelle, Bias-freie und faire Evaluations- und Beförderungskriterien), und die Männer, welche die Chance vermehrt nutzen sollten, aus starren Rollenerwartungen auszubrechen und ihr Privat- und Berufsleben besser miteinander verbinden zu können.
Vielleicht stimmt der Titel ja in ein paar Jahren: Männer arbeiten Teilzeit, wenn sie Väter werden 😉 !